Montag, 20. August 2012

Forschungstrip nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg Teil 2: Spaziergang durch Burg

Um es vorwegzunehmen: Nach dem ersten Teil dieses kleinen Reiseberichts haben mich einige Leute gefragt, warum ich mich nicht auf sämtliche Zehenspitzen gestellt und einfach über das Tor hinüberfotografiert habe ("Sogar mit 1,62 m müsste sich das doch eigentlich machen lassen!"). Die einfache Antwort lautet: "Ich würde ja auch auch nicht wollen, dass das jemand bei mir macht!"

Abgesehen davon hatte ich keine Lust, uniformierten Freunden und Helfern erklären zu müssen, was ich denn da bitte schön treibe. Wie gesagt, die Schulstraße ist eine sehr enge und noch immer auch eine sehr bewohnte Straße. Ich konnte genau hören, welche Anwohner gerade die Tagesschau guckten. Die Wahrscheinlichkeit, dass, genau in dem Moment, in dem ich versuche, ein gutes (= nicht übermäßig verwackeltes) Foto zu bekommen, ein Nachbar aus seinem Fenster guckt, weil ihn die Berichterstattung über die Euro-Krise langsam nervt, war also nicht gerade gering.

Gut, das Haus schräg gegenüber wäre dabei wohl außen vor gewesen:


Es sah ja nun nicht gerade bewohnt aus. Aber immerhin war es noch da. Im Gegensatz zu Nummer 7. Grmpf.

Aber wie es im Osten eben (immer noch) ist: Hier findet man in ein und derselben Straße derart viele Kontraste, dass man gar nicht weiß, welches Haus man sich zuerst angucken soll. Und für den Familienforscher haben die oft immer noch nicht endgültig geklärten Eigentumsverhältnisse den großen Vorteil, dass es einfach einfacher ist, sich vorzustellen, wie es früher war... (in Farbe und bunt, und nicht nur in Sepia).

Geht man die Schulstraße weiter hoch, dann findet man zum Beispiel das hier...


... oder eben auch das hier:


Biegt man an dieser Ecke links ab, dann kommt man direkt zur Oberkirche "Unser lieben Frauen".



Fragen Sie mich bitte nicht, wer die gute alte deutsche Grammatik so gequält hat.

Die Kirche liegt an der Straße der Romanik. Für mich aber war es eben noch wichtiger, dass sie direkt an der Ecke zur Schulstraße liegt. Wenn man nämlich keine Ahnung hat, in welcher Kirche die lieben Verwandten ihre Kinder haben taufen lassen, dann ist am nächsten liegende Kirche die erste Wahl. Am nächsten Tag sollte sich herausstellen, dass ich mit meiner Vermutung richtig gelegen hatte.

Der Schatten der Turmspitze auf dem Turm stammt übrigens vom Türmchen des Rathauses, das wieder nur ein paar Meter weiter liegt...


... und wirklich schön restauriert ist.


Hier also wurde mein Urgroßonkel Wilhelm Rohde im Februar 1910 vorstellig, um anzuzeigen, dass seine Mutter, meine Ururoma Sophie, gestorben war.

War das Rathaus damals eigentlich auch schon gelb? Wenn es jemand weiß, dann möge er mir es bitte sagen! Ich bin neugierig!

Langsam aber sicher kam ich nun auch dahinter, warum sich Burg auch die "Stadt der Türme" nennt. Nicht nur das Rathaus und die Kirchen haben welche, es stehen auch ansonsten noch diverse Türme in der Stadt, zum Beispiel der Wasserturm...


... und der Hexenturm...


(Ich hoffe doch mal ganz stark, dass keine meiner weiblichen Verwandten diesen Turm jemals von innen gesehen hat - in späteren Jahren, als man nicht mehr an Hexen glaubte, ist der Turm jedenfalls als ganz normales Gefängnis genutzt worden.)

Ach ja, es gibt auch noch den Berliner Torturm...


... und den Bismarckturm, zu dem ich aber nicht mehr gewandert bin. Dafür haben die Burger Türme auch ihre eigene Homepage:


Für einen ersten Überblick war das ein richtig schöner kleiner Spaziergang. Und es war schön, die Stadt mit eigenen Augen zu sehen, in der diverse meine Vorfahren gelebt haben, schon allein, weil ich eben wusste, dass sich seitdem nicht allzu viel verändert hat, weil Burg in beiden Weltkriegen nicht allzu viele Schäden davongetragen hat.

Und bevor ich es vergesse: Hameln mag zwar zwar seinen Rattenfänger haben, aber Burg hat seinen Trommler!


Und der hat auch seine eigene Sage:

Vor vielen Jahren saß in einer Weinschänke zu Burg eine fröhliche Gesellschaft, die von alten Zeiten erzählte. Sie berichteten über Schicksale und Taten und prahlten mit ihren Erlebnissen und Erfahrungen. Der Wirt der Schänke wusste so manches aus seinem Erfahrungsschatz zu berichten und erzählen, dass ein verborgener Weg nach dem Weinberg, wie auch nach dem Inneren der Stadt von seinem Hause aus führte. Die Gäste wollten die Geschichte nicht glauben und es kam zu einer Wette.

Am anderen Morgen trafen sich alle wieder beim Wirt, um dieser Geschichte mit den unterirdischen Gängen nachzugehen. Dem Mutigsten wurde eine Trommel umgehangen und mit Windlichtern versehen und frohen Mutes auf den Trommelschlag hörend, ging es den Gang entlang. Nach einiger Zeit hörte man nur noch einen dumpfen Ton, der nach einiger Zeit ganz verstummte.
Erschrocken über das Verstummen des Trommelschlages, eilten sie dem Freund zu Hilfe und drangen immer tiefer in den finsteren Gang ein, in der Hoffnung den Freund zu retten. Der Modergeruch und eine dumpfe Schwüle ließen sie bald ermatten. Schon waren einige erschöpft und wankten, die Lichter waren dem Erlöschen nahe. Der Wirt, der diese Kellerluft gewöhnt war, rief mit kräftiger Stimme, rette sich wer kann, sonst sind alle verloren.

Zu Tode erschöpft erreichten sie den Ausgang. Aber vom Freund fehlte jede Spur. Er blieb für immer verschwunden. Seitdem wurde kein weiterer Versuch mehr unternommen, die unterirdischen Gänge weiter zu erforschen. Im Laufe der Zeit verfielen sie, aber die Illusion von unterirdischen Gängen lebt in den Köpfen der Menschen weiter.
 
 
 
Zugegeben, erschöpft war ich nun auch ein bisschen. Also zurück in die Pension, damit ich auch ja am nächsten Morgen pünktlich im Archiv war. Aber nein - das ist eine andere Geschichte....

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