Donnerstag, 10. Januar 2013

Einschlingen, Zweischlingen, Dreischlingen...

Manchmal frage ich mich ja, weshalb ich die Tageszeitung überhaupt noch lese - Mundpropaganda und das Internet sind in einer Kleinstadt ja eigentlich die Mittel der Wahl, wenn man sich schnell informieren will. Und zwar in genau dieser Reihenfolge.

Ab und zu findet man in der Zeitung aber auch kleine nette Zusammenfassungen zu historischen Themen. Das Westfalen-Blatt druckt zur Zeit eine Serie über die "Schlingen", also die ehemaligen Zollstellen an der heutigen B68 zwischen Steinhagen und Bielefeld. Wenn man sich die Situation vor 150 Jahren anguckt, dann hat sich im Vergleich zu heute an der Ausgangssituation eigentlich gar nicht mal so ungeheuer viel verändert: Es stellt sich immer noch die Frage, wie man denn bitte schön den - notwendigen - Ausbau der Infrastruktur finanzieren soll.

Im Fall der Landstraße zwischen Halle und Bielefeld war die Lösung schnell gefunden: Man nahm einfach von den Reisenden Wegezoll, und zwar gleich alle paar Kilometer. Nur allzu logisch dürfte es sein, dass sich an den Schlagbäumen, die aufgestellt wurden, Gastwirtschaften ansiedelten - so konnte man im Zweifelsfall das Unangenehme durch etwas Angenehmes wieder ein wenig ausgleichen, wenn man auch durch beides etwas ärmer wurde.

Ich verzichte jetzt hier darauf, den kleinen Artikel im Wortlaut wiederzugeben. Auf der einen Seite habe ich heute keine Lust, mir über das Urheberrecht Gedanken zu machen, auf der anderen Seite sind mir schon beim ersten Lesen mehrere kleine sprachliche und geschichtliche Ungenauigkeiten aufgefallen, die ich ja nicht unbedingt noch weiter verbreiten muss. Andererseits muss man natürlich auch zugeben, dass man an die Berichterstattung in der Tageszeitung keinen allzu hohen Anspruch haben sollte, wenn es um die Aufarbeitung der Historie geht - bei einem Fachbuch wäre das anders.

Laut Westfalen-Blatt (ich kann leider hier im Moment keine andere Quelle angeben, weil auch das Westfalen-Blatt seinerseits auf sämtliche Quellenangaben verzichtet) wurde die Genehmigung einer Schlinge für einen Betrag zwischen 500 und 1200 Mark pro Jahr vergeben, wobei die Schlingenwirte für die Durchfahrt eines beladenen Vierspänners ungefähr 10 Pfennig berechnen durften. Ich frage mich ja, ob der Ausdruck "berappen" hier seinen Ursprung hat...

Übrigens, nicht auf alle Gefährte war Wegezoll zu entrichten: Mist- und Leichenwagen hatten freie Fahrt. Diese Gleichsetzung ist doch ziemlich erstaunlich...

Was ich ebenso erstaunlich finde ist die Tatsache, dass der Haller Kreistag erst im Jahr 1922 die Vergabe der Schling-Lizenzen aussetzte. Man denkt immer, dass der Wegezoll ein Relikt aus uralten Zeiten sei; wenn man sich aber vor Augen führt, dass (nur mal so als Besipiel) Helmut Schmidt zu dem Zeitpunkt gerade einmal drei Jahre alt war, dann wird einem klar, dass es gar nicht mal soooo lange her ist.

Zeit ist eben relativ. Für den Familienforscher umso mehr.

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